Ermittlungsverfahren

Auskunfts- und Löschungsansprüche gegen staatsanwaltliche Datenspeicherung

Auskunfts- und Löschungsansprüche gegen staatsanwaltliche Datenspeicherung

Können Betroffene eines Ermittlungsverfahrens Auskunfts- und Löschungsansprüche gegen die Datenspeicherungen durch die Staatsanwaltschaft geltend machen? Eine ausführliche Darstellung der Rechtslage sowie Antworten auf praxisrelevante Fragen rund um das Thema Datenschutz nach Abschluss eines Ermittlungsverfahrens, lassen sich dem aufschlussreichen Beitrag von Rechtsanwaltskollegin Dr. Ricarda Schelzke aus dem aktuellen Heft des Strafverteidiger Forums entnehmen.[1]

Hier eine kurze Zusammenfassung des Aufsatzes:

Datenspeicherung durch die Staatsanwaltschaft via MESTA und Web.StA

Auch Staatsanwaltschaften nutzen bei der Ermittlungstätigkeit Datenbanken, insbesondere das Programm MESTA[2] oder die Software Web.StA[3]. Dort werden sämtliche eingeleitete Strafverfahren zusammen mit konkreten Angaben zu den Verfahrensvorgängen gespeichert.

Rechtsgrundlage und Umfang staatsanwaltlicher Datenspeicherung

Die Rechtsgrundlagen für die Speicherung und den Umgang mit den Daten sind in den §§ 483 ff. StPO zu finden. Die Normen regeln allgemein, dass und für welche Zwecke eine Speicherung von Daten zulässig ist. Was genau gespeichert wird, legt die einzelne Staatsanwaltschaft in einer sogenannten Errichtungsanordnung selbst fest.

Neben der Erhebung und Verarbeitung von Daten für Zwecke laufender Strafverfahren nach § 483 StPO, dürfen nach § 484 StPO auch Daten auch für Zwecke künftiger Strafverfahren gespeichert werden. Des Weiteren dürfen nach § 485 StPO Daten auch für Zwecke der Vorgangsverwaltung gespeichert werden.

Dauer der staatsanwaltlichen Datenspeicherung und Prüfpflicht

Grundsätzlich sind Daten, die zu Zwecken des Strafverfahrens gespeichert wurden, bei Erledigung des Verfahrens zu löschen. Ausnahmen hiervon bilden das erwähnte Speichern von Daten für Zwecke künftiger Strafverfahren sowie für die Vorgangsverwaltung.

Daten, die zu Zwecken künftiger Strafverfahren gespeichert wurden, sind zu löschen, wenn festgestellt wird, dass diese für Zwecke künftiger Strafverfahren nicht mehr benötigt werden. Die Prüfung erfolgt hierbei alle zehn Jahre. Im Falle eine endgültigen Verfahrenseinstellung (§ 170 Abs. 2 StPO, § 153 StPO und § 153a StPO nach Erfüllung der Auflage) gilt jedoch eine kürzere Prüfungspflicht von drei Jahren.

Daten, die für die Zwecke der Vorgangsverwaltung gespeichert wurden, sind erst dann zu löschen, wenn ihre Speicherung zur Vorgangsverwaltung nicht mehr erforderlich ist.

Auskunftsanspruch des Betroffenen

Ein Auskunftsanspruch des Betroffenen kann sich aus § 491 StPO ergeben. Demnach hat der Betroffene Anspruch auf Auskunft, soweit die Erteilung oder Versagung von Auskünften in der Strafprozessordnung nicht besonders geregelt ist. Das heißt, dass insbesondere dem (ehemals) Beschuldigten hiernach kein Auskunftsanspruch zusteht, da dieser gemäß § 147 StPO jederzeit Akteneinsicht beantragen kann.

Der Auskunftsanspruch ist zudem zeitlich begrenzt. So kann Auskunft erst sechs Monate nach Einleitung des Strafverfahrens begehrt werden. Diese Frist kann sogar auf bis zu 24 Monate verlängert werden, „wenn wegen der Schwierigkeit oder des Umfangs der Ermittlungen im Einzelfall ein Geheimhaltungsbedürfnis fortbesteht“.

Löschungsanspruch des Betroffenen nach Einstellung des Verfahrens

Ein Löschungsanspruch des Betroffenen besteht dann, wenn der Grund zur Speicherung der Daten nicht mehr gegeben ist. Stellt der Betroffene einen Löschungsantrag, muss die Staatsanwaltschaft im Rahmen einer Einzelfallbeurteilung prüfen, ob die Speicherung der Daten weiterhin erforderlich ist oder eine Löschung vorgenommen werden kann. Bei dieser Einzelfallprüfung müssen das Recht des Antragstellers auf informationelle Selbstbestimmung sowie das Interesse der Allgemeinheit an Strafverfolgung und Vorgangsverwaltung gegeneinander abgewogen werden. Hierbei ist stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

Nach zutreffender Auffassung der Autorin reicht ein pauschaler Verweis auf die grundsätzliche Zulässigkeit der Datenspeicherung nicht aus. Auch der beliebte Einwand, dass eine Löschung (einzelner Daten) technisch nicht möglich sei, kann nicht überzeugen.

Zentrales staatsanwaltschaftliches Verfahrensregister

Neben der dargestellten Datenspeicherung via MESTA und Web.StA durch die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft, wird noch ein zentrales staatsanwaltschaftliches Verfahrensregister (ZStV) vom Bundesamt für Justiz geführt. Zu Fragen der Rechtsgrundlage und des Umfangs der Speicherung der Daten im ZStV sowie etwaigen Auskunfts- und Löschungsansprüchen des Betroffenen liefert der empfehlenswerte Beitrag ebenfalls Antworten, die zweifelsfrei nicht nur den Praktiker interessieren.

Fußnoten

[1] Der vollständige Beitrag findet sich hier: Schelzke, Staatsanwaltschaftliche Datenspeicherung trotz Verfahrenseinstellung – Auskunfts- und Löschungsansprüche heute und in Zukunft, StraFo Heft 9/2019, S. 353 – 359.

[2] Länder Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein verwenden das

[3] Bayern, Baden-Württemberg, Bremen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Posted by Dr. Mathias Grzesiek in Datenschutz, IT-Strafrecht, Literaturempfehlung